Abenteuerurlaub

24.09.2017

Eine der groessten Gemeinsamkeiten von mir und dem Lieblingsjapaner ist unsere Liebe fuer das Reisen. Welch bessere Moeglichkeit gibt es, sich gemeinsam fiktive Geschichten zu Fremden auszudenken, ohne schlechtes Gewissen so viel zu essen wie man nur kann und dabei endlich jegliche stoerende Gedanken bezueglich Uni, Nebenjob und Co. hinter sich zu lassen? Zwar ist der Lieblingzjapaner weiterhin ein fleissig-viel-beschaeftigter Lieblingsjapaner, manchmal kann er aber trotzdem ein paar freie Tage zwischen all die Laboraufenthalte und Nachtschichten schieben. Diese Woche zum Beispiel war das der Fall. Im Vorhinein haben wir ziemlich lange herum ueberlegt, wohin es denn in der wertvollen Freizeit gehen soll. Sued-Korea (im Moment zu gefaehrlich??), Taiwan (zu teuer) oder Nepal (zu weit). Letztendlich haben wir uns dann dazu entschieden in Tokyo zu bleiben. Das hoert sich erstmal langweiliger an, als es ist. Aber Achtung: was ich bis vor kurzer Zeit ebenfalls nicht wusste ist, dass es suedlich von Tokyo eine vulkanisch entstandene Inselkette im Pazifik gibt ,die letzte der Inseln ist ganze 650km von Tokyo entfernt. Das sind die "Izu-Inseln", wenn man sie googlet kommt weisser Sandstrand und tuerkisfarbendes Meer. Das Beste an der Sache ist: Diese Inselgruppe gehoert offiziell zur Praefektur Tokyo. Die Autos haben sogar das Tokyoter "Shinagawa"-Nummernschild, was ziemlich verreuckt aussieht, so vor einsamer Sandstrand-Kulisse. Mit der Uebernacht-Faehre oder dem Schnellboot kann man die meisten der zugehoerigen Inseln recht schnell und billig erreichen, ausserdem gibt es auf einigen der Inseln gratis Campingsplatze inklusive Sanitaeranlagen und Camperkueche, die man einfach so nutzen kann. Von Google-Bildern und Faehrpreisen gelockt, haben wir uns dann entschieden. die Inseln "Niijima" und "Shikinejima" zu bereisen. Waehrend meiner ersten Japanreise waren der Lieblingsjapaner und ich auf "Okinawa" einer weiteren pazifischen Inselgruppe suedlich von Japan, nah an der Taiwaner Grenze. Die weitauf beliebtere Hauptinsel Okinawas war sehr schoen, viele schoene Straende, viel schoene Natur und noch viel mehr Touristen. Das kann nett sein, manchmal nervt es aber auch. Auf Niijima hingegen gibt es 2420 Einwohner, auf Shikinejima sind es 600. Ausserdem ist gerade Ende September, also Nachsaison und ein Taifun ist vor einigen Tagen ueber Japan gerauscht. Das Ergebnis: ein einsamer Campingplatz mit rund 4 - 7 Zelten, einsame Sandstraende und viele neugierige Einheimische, die sich fragen, was diese blonde Auslaenderin um diese Zeit noch auf ihrer Insel macht. Okinawa war schoen, Niijima war schoener und Shikinejima am schoensten. Einsame Inseln sind wirklich mein Ding :) Meine Highlights der Reise waren wohl die etlichen natuerlichen heissen Quellen, genannt "Onsen", die zu meiner Ueberraschung zum Grossteil gratis und im Gegensatz zu den meisten anderen Onsen in Badekleidung und Geschlechtergemischt besucht werden koennen. Baden mit Blick auf Sonnenuntergang im Pazifik ist alles was ich mir im Moment wuenschen kann :) Das Sahnehaeubchen war wohl der einsam gelegene Onsen auf Shikinejima, umringt von zerkluefteten Felsen direkt am Pazifikufer. In natuerlichen Steinbecken kommt dort das kochend heisse Wasser aus der Erde und kann nur besucht werden, wenn das Meerwasser hoch genug steht, die Becken flutet und dabei Meerwasser mit Onsen-Wasser vermischt. Mein zweites Highlight waren die vielen netten Begenungen, die wir mit Einheimischen und Touristen hatten. Von der einheimischen Oma, der wir am Strand beim Seegras-sammeln geholfen haben, ueber die Tokyoter BWL-Stundenten auf dem Campingplatz bis zum 80-Jaehrigen Opa der uns einfach so ungefragt (!) angeboten hat, uns mit seinem Auto zum naechsten Aussichtspunkt zu fahren. Einsame Inseln scheinen alle Menschen irgendwie hilfsbereit und offen zu machen! Wie gut, dass der Lieblingsjapaner immer bereitwillig Uebersetzer spielt, eine Reise ohne diese Begegnungen waere wirklich weitaus weniger interessant gewesen.

Nun waere es aber auch zu schoen gewesen, wenn alles so schoen einfach glatt gelaufen waere, ausserdem heisst dieser Eintrag ja Abenteuerurlaub und von Abenteuer hat man bis jetzt noch gar nichts gehoert. Das Abenteuer fing an, als wir viel zu frueh morgens mit der Faehre in Niijima angekommen sind und gemerkt haben, dass der lokale Bus zum Campingplatz doch nicht so regelmaessig faehrt wie gedacht, und wir die gesamte Strecke mit zwei Menschen, vier Rucksaecken und Zelttasche zu Fuss zurueck legen sollten. Deswegen haben wir uns entschieden zu trampen, was dann auch ueberraschend schnell geklappt hat. Das mag fuer einige wahrscheinlich nicht besonders abenteuerlich klingen, ich finde trampen aber nach wie vor sehr spannend, interessant und ein bisschen gruselig. Im Laufe des Urlaubs sollten wir dann noch einmal mit Nachfrage und einmal ungefragt trampen, jedes Mal mit sehr freundlichen Fahrer*innen. Das Abenteuer nahm seinen Lauf, als wir uns faelschlicherweise entschieden das klapprige Billigzelt an der Campingplatzstelle mit der schoensten Aussicht und damit der geringsten Windabschirmung aufzubauen. Wahrscheinlich haetten wir ahnen sollen, dass der Wind auf einer pazifischen Mininsel direkt nach einem Taifun staerker ist als im heimischen deutschen Garten, als wir am ersten Abend im Dunkeln zu unserem Zelt - zerbrochene Zeltstange und kleine Loecher in der Zeltplane - zurueckgekommen sind, war ich doch der Verzweiflung nahe. Ebenfalls gut, dass der Lieblingsjapaner von seinem Wesen viel eher als ruhig und besonnen beschrieben werden kann als ich. Waehrend ich schon im Kopf jegliche alternative Schlafmoeglichkeiten durchgegangen bin (ist der Boden des Toilettenhaeuschens tatsaechlich sauber genug?) hat der Lieblingsjapaner die Zeltstange fachmaennisch-japanisch mit Bambus, Angelschnur und Sporttape von einer Gruppe Sportstudenten geflickt. Waehrrenddessen hat er die verzweifelte deutsche Freundin beruhigt und den windstillsten Ort

erkundschaftet, den der Campingplatz zu bieten hatten. Dort hat das Zelt dann tatsaechlich jedem weiteren Sturm und Regen stand gehalten, auch wenn wir teilweise nachts mit allen Vieren die Zeltstanden von Innen unterstuetzen mussten. Ich habe in diesem Urlaub so viel gelernt, dass man immer Tape mitnehmen sollte, dass die Aussicht gar nicht so entscheidend ist, und dass man fuer windige Pazifikinseln wohl ein teureres Zelt kaufen sollte. Weitere kleinere Abenteuer waren dann noch eine Ameisenstrasse quer durchs Zelt, Seekrankheit auf der Ueberfahrt nach Shikinejima (wenn ein Boot Anschnallgurte hat, ist das wohl kein gutes Zeichen) und Feuermachen mit ausschliesslich nassem Holz und ich muss gestehen - Oel (Entschuldige Mama, wir waren aber tatsaechlich vorsichtig!). Wie das so ist, mit windigen Pazifiksinseln wurde dann auch noch am letzten Tag unsere Faehre wegen zu hoher Wellen gestrichen und wir mussten das teurere Speedboot nehmen, waren dafuer aber einige Stunden weniger auf schwankendem Untergrund, weswegen das dann doch nicht so schlimm war. Wieder einmal hat sich gezeigt, dass der Lienlingsjapaner (auch in Abenteuersituationen!) ein verdammt guter Reisepartner ist und dass Tokyo noch mehr zu bieten hat, als ich gedacht habe. Wie schade, dass die Tage nur so verfliegen!

Beste Gruesse, deine

- Isabella


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